• News

Wegen Erbverzicht keine Ergänzungsleistungen

14.08.2023 lic. iur. Cyril Zumbühl, Leiter Rechtsdienst, HEV Verwaltungs AG

Rückforderung rechtens

Eine IV-Rentnerin erhielt bis zu ihrem Tod am 1.2.2020 Ergänzungsleistungen. Bereits am 23.9.2016 verstarb ihr Vater. Er hinterliess nebst ihr und ihren zwei Geschwistern seine Ehefrau und Stiefmutter von drei Kindern. Das Ehepaar hatte zuvor einen Erbvertrag geschlossen mit dem Ziel gegenseitiger Maximalbegünstigung im Todesfall.

Der Erbvertrag hielt fest, dass nach dem Tod beider Eheleute das dann vorhandene Vermögen an die Kinder (aus erster Ehe) des Ehemanns gehen soll. Im Falle dessen Erstversterbens soll dies indessen nur für die Kinder gelten, die zu Gunsten ihrer Stiefmutter auf den Pflichtteil am Erbe ihres Vaters verzichtet haben. Nach dem Tod des Vaters verzichteten alle Kinder auf die Beanspruchung ihres Pflichtteils. Der Beistand der IV-Rentnerin orientierte die Durchführungsstelle für Zusatzleistungen zur AHV/IV, dass der Vater bereits am 23.9.2016 verstorben sei und die IV-Rentnerin damals ihren Pflichtteil nicht beansprucht habe, es sei eine Erbschaft in der Höhe von Fr. 67'057.- angefallen. Daraufhin forderte die Gemeinde die zu viel ausgerichtete Ergänzungsleistungen in der Höhe von Fr. 23'361.- zurück. Dagegen erhob der Beistand der IV-Rentnerin Einsprache. In der Folge wurde das Verfahren bis vor Bundesgericht gezogen. Das Bundesgericht hatte zu prüfen, wie der Verzicht auf den Pflichtteil bezüglich der Ergänzungsleistungen rechtlich zu werten war.

Rückforderung von Ergänzungsleistungen

Streitig war, ob die Rückforderung zu viel ausgerichteter Ergänzungsleistungen (EL) vor Bundesrecht standhält. Dabei ist einzig zu prüfen, ob mit Blick auf die Nichtgeltendmachung des Pflichtteils an der väterlichen Erbschaft in der Höhe von Fr. 67'057.- von einem bei der EL-Berechnung zu berücksichtigenden Vermögensverzicht auszugehen ist. Bei der Bemessung der Ergänzungsleistung werden auch Einkünfte und Vermögenswerte, auf die verzichtet worden ist, als Einnahmen angerechnet. Der Tatbestand dieser Bestimmung ist erfüllt, wenn die Leistungsansprecherin ohne rechtliche Verpflichtung oder ohne adäquate Gegenleistung auf Einkünfte oder Vermögen verzichtet hat. Das kantonale Gericht stellte fest, dass die EL-Bezügerin Zusatzleistungen ausgerichtet erhalten habe. Weiter sei klar, dass die Gemeinde erst mit Schreiben des Beistandes vom Tod des Vaters der EL-Bezügerin im Jahre 2016 und von deren Verzicht auf den zustehenden Pflichtteil erfahren habe. Das kantonale Gericht bejahte die Voraussetzungen der Rückerstattungspflicht.

Zumutbares unternehmen, um Kosten tief zu halten

Das Bundesgericht bestätigte, dass die EL-Bezügerin im Jahre 2016 endgültig auf die Geltendmachung des ihr zustehenden Pflichtteils am Erbe ihres Vaters verzichtete. So stellte das kantonale Gericht fest, dass zufolge Nichtgeltendmachung des Pflichtteils der komplette Nachlass inklusive dem Pflichtteil zu Eigentum an die Stiefmutter fiel. Damit verzichtete die EL-Bezügerin endgültig auf die Möglichkeit, ihre laufenden Lebensbedürfnisse aus ihr zustehenden Mitteln in der Höhe von Fr. 67'057.- zu decken. Darin ist ohne Weiteres eine mit Wissen und Wollen erfolgte Verzichtshandlung zu erblicken. Es stellt einen allgemeinen Grundsatz des Sozialversicherungsrechts dar, dass einer Leistungsansprecherin im Rahmen der Schadenminderungspflicht Massnahmen zuzumuten sind, die ein vernünftiger Mensch in der gleichen Lage ergreifen würde, wenn er keinerlei Entschädigung zu erwarten hätte. In diesem Sinne hat die versicherte Person das ihr Zumutbare zu unternehmen, um die Kosten, welche mittels Sozialversicherungsleistungen zu vergüten sind, möglichst tief zu halten. Die versicherte Person habe alles Zumutbare vorzukehren, um den Existenzbedarf soweit als möglich selbst zu finanzieren, was vorliegend nicht eingehalten war, weshalb die Beschwerde abgewiesen wurde (BGE 9C_240/2022 vom 14.12.2022).

Unser Jurist, lic. iur. Cyrill Zumbühl, erteilt für HEV-Mitglieder und Nichtmitglieder rund 2‘100 Rechtsauskünfte pro Jahr – ob im Mietrecht, Stockwerkeigentum, Nachbarrecht, Steuerrecht, Erbrecht oder Baurecht. Als Mitglied des Hauseigentümerverbandes erhalten Sie eine 15-minütige Rechtsauskunft pro Jahr kostenlos, sowie einen Rabatt von 5% auf das übliche Beratungshonorar.

Lic. iur. Cyrill Zumbühl
Rechtsberatung

Poststrasse 10
Postfach 847
9001 St.Gallen
Direktwahl: Tel. Nr. 071 227 42 44
E-Mail: c.zumbuehl(at)hevsg.ch

Rechtsberatung von Mo – Do vom 09.00 – 12.00 Uhr / 13.30 – 16.15 Uhr

Bitte Mitglied-Nr. bereithalten.

Beratungshonorar: CHF 200.00 pro Std. exkl. Mwst.